Im Gerhard Bronner Lied „Der Papa wird’s schon richten“ aus dem Jahr 1958 traf sich die Jeunesse d’oree in der Eden (-Bar). Die Herren waren, wie es im Text heißt, schon in einem anderen Aggregatzustand, nämlich „aprés“: „Die Weiber, die hab´m ma schon nach Haus expediert, wir war´n schon – wie man so sagt – ‚apres‘“.

Geflügeltes Wort

Als anständige (?!) Wiener kennen wir natürlich diese alten Kabarettlieder in- und auswendig. Zudem hat sich die Floskel „Wir sind schon aprés“ in einer (früheren) Clique als geflügeltes Wort etabliert. Kein Wunder also, dass der Begriff „aprés“ irgendwann einmal bei meinem Texter-Ich aufgetaucht ist, als Marke für eine Situation, die man zeitlich ab dem späteren Nachmittag bzw. früheren Abend verorten kann.

Der Plot – Ois andre wissma ee

Eine Anzahl von Leuten („Bekannte“ wäre genau so wenig zutreffend, wie „Freunde“, auch wenn der Autor den Strophen-Regenten Namen von guten Freunden gegeben hat) halten sich bereits in ihrem Stammbeisel auf, andere stoßen dazu, tröpferlweise. Das Besondere daran: Man fragt zwar jeden Eintreffenden, was es Neues gibt, erwartet aber keine (brauchbare) Antwort. Denn – und das ist der wichtigste Satz in diesem Lied: Wir wissen ohnehin Bescheid – „Ois aundre wissma ee“. Das ist aber kein Ausdruck der Enttäuschung oder gar der Gleichgültigkeit, sondern das beruhigende Gefühl der Stabilität. Rituale bleiben gleich. Befindlichkeiten verändern sich ebenso wenig, wie Marotten, erfolglose Versuche, einen Durchbruch zu schaffen, bleiben erfolglos.

So ist „Günter‘s“ unerschütterlicher Glaube an das Wunder, seine finanziellen Sorgen würden sich mit einem Schlag (besser, mit der Akquisition einer, zu allem Überfluss auch noch hochattraktiven, reichen Geliebten) auflösen, ebenso paradigmatisch, wie „Jasons“ nasal-deplatziertes Beau-Gehabe oder die vorhersehbaren (kommunikativen) Rituale eines „Cem“. Die Beispiele ließen sich nahezu ad libitum erweitern, allen bleibt eines gemeinsam: Verlässlichkeit. Bitte nichts verändern! Ois aundre wissma ee.

Die wunderschöne Melodie zu apree stammt aus der Feder des Mezzanin-Kapellmeisters Peter Wielscher. Er hat das Lied über die lächerlich geringe Distanz von knapp 4.000 Kilometer im geistig-ätherischen „Workspace“ der freundschaftlichen Verbundenheit „gemeinsam“ mit unserem Sänger und Texter geschrieben. Als wir uns nach seiner Rückkehr am 12. Jänner 2016 wieder zur Probe trafen war das Lied „schon da“. Wir konnten es zu viert in kurzer Frist „einspielen“. Danach waren wir wieder einmal – aprés.

Apree

schau do kumta cem howeam laung ned xegn
ea sogt „wos geet“
und braucht ka auntwuat hean
i frog eam „wos tuatse drink ma zwa kuaze?“
drauf sogta cem: „söbstfaschdendlich, gean“

bist scho apree? bin scho apree
i bleib solaung do bis i gee
mia sand apree
ois aundre wissma ee

bist du noch solo günta? ea sogt jez finta
gaunz gwiss a frau di seine schuidn zoid
seinen glauben wean mia ned rauben
i sog drauf drinkma – dosda rubel roid

graisdi seawas tschesn (Jason) wo bistu gwesn?
dei aunzug pasd wia imma akurat
„Gott hätt‘s verboten – sitzt auch mein Knoten?“
da koa jez unisono: heasd sei schdaad“

Aprés – Übersetzung in das Hochdeutsche

Schau! Da kommt der Cem! Ich hab ihn lange nicht gesehen.
Er frägt „Was geht?“ und erwartete darauf keine Antwort.
Ich frage ihn „Was tut sich so? Trinken wir zwei Kurze?“
(Wahrscheinlich Schnäpse, könnten aber auch Wiener Kaffees sein, kleiner Schwarze, kurz)
Darauf sagt der Cem: „Selbstverständlich, gern!“

Bist du schon aprés? Ich bin schon aprés!
Ich bleib so lange da bis – ich gehe.
Wir sind aprés!
Alles andere ist uns ohnehin bekannt.

Grüß dich, Servus Jason – wo bist du gewesen?
Dein Anzug passt wie immer – akkurat!
„Gott hätte es verboten – sitzt auch mein Knoten?“
Der Chor, jetzt unisono: „Sei einfach still!“

„Bist du noch „Solo“, Günter?“ Er behauptet, Jetzt wird er eine finden!
Ganz sicher findet er eine Frau, die ihm seine Schulden bezahlt.
Seinen Glauben werden wir nicht rauben.
Ich sage: „Darauf trinken wir! Auf dass der Rubel rollen möge!“